Essen ist überlebensnotwendig, gemeinschaftsstiftend, für einige Religion und viele Gegenstand und Ausdruck ihres individuellen und mitunter exklusiven Lifestyles. „Unsummen werden mit Superfood, Ernährungsratgebern, funktionellen Lebensmitteln (Functional Food) Kochsendungen und Foodblogs verdient“, schildert Michaela Langer-Weninger und gibt zu bedenken: „Gleichzeitig aber wandert ein Drittel der weltweit produzierten Lebensmittel in den Müll, ohne dass darum groß Aufhebens gemacht wird.“
Böse Zungen würden behaupten den Lebensmitteln geht es wie einst manch in die Jahre gekommen Hollywood-Starlett: Einmal alt und runzlig, geht‘s vom Rampenlicht schnurstracks an den finsteren Ort der Vergessenheit. Oder umgemünzt auf Lebensmittel ausgedrückt: Was frisch und schön verpackt im Supermarkt hellbeleuchtet wird, landet altbacken oder angeknabbert in den Tiefen des Mülleimers. „In Österreich ergeht es so jährlich knapp einer Million Tonnen Lebensmittel“, berichtet Landesrätin Michaela Langer-Weninger. „58 Prozent davon stammen aus den Privathaushalten. Damit sind die Konsumentinnen und Konsumenten die größten Verschwender in Österreich“, ergänzt Hannes Royer, Obmann von „Land schafft Leben“.
Runtergebrochen auf die Lebensmittelgruppen nimmt Brot gemeinsam mit Süß- und Backwaren den größten Anteil (28 Prozent) der von Privathaushalten im Restmüll entsorgten Nahrungsmittel ein. An nächster Stelle stehen Obst und Gemüse mit einem Anteil von 27 Prozent. Der Anteil tierischer Produkte wie Milchprodukte, Eier, Käse, Fleisch, Wurstwaren und Fisch beläuft sich auf insgesamt 23 Prozent. Die übrigen 22 Prozent fallen auf sonstige Lebensmittel wie unter anderem Nudeln, Reis und Getränke.
Wäre der weltweite Lebensmittelabfall ein eigener Staat, hätte er nach China und den USA den drittgrößten Treibhausgasausstoß. In Zeiten des Klimawandels definitiv ein Umstand der mehr Beachtung verdient.

Skandalvideo: Wenn Licht auf ein übersehenes Problem fällt
Lebensmittelverschwendung ist ein großes, wenn auch verhältnismäßig wenig beachtetes Problem. Die Aufmerksamkeit für das Thema wächst jedoch, sei es in der Berichterstattung oder im Familie- und Freundschaftskreis. Ein Wandel von der Überflussgesellschaft hin zur nachhaltigen Kreislaufgesellschaft vollzieht sich.
Das beweisen auch der mediale Aufschrei und die Entrüstung der Bürgerinnen und Bürger in letzten Tagen angesichts eines Videos, das einen Berg an verbrauchsfertig einvakuumierten Fleisch- und Wurstwaren auf einer österreichischen Müllverbrennungsanlage zeigt. „Diese Bilder haben viele Konsumentinnen und Konsumenten sprachlos gemacht und entsetzt. Es ist erschütternd zu sehen, was letztlich mit den hochqualitativen Erzeugnissen der heimischen Landwirtschaft passiert, wenn sie nicht im Supermarkt verkauft oder im Privathaushalt konsumiert werden“, erklärt Agrar-Landesrätin Michaela Langer-Weninger. „Für die Bäuerinnen und Bauern sind diese Bilder doppelt hart. Es kommt fast einem Schlag in Gesicht der Produzentinnen und Produzenten gleich. Denn sie wissen nicht nur um den Wert dieser Lebensmittel, sondern auch um die Arbeit die dahinter steckt – jene Arbeit die sie tagtäglich erbringen. Wenn dann Fleisch, Milch, Gemüse oder ein anderes heimisches Lebensmittel, in riesigen Mengen auf dem Müll landet, tut das jedem Landwirt und jeder Landwirtin – und damit auch mir – in der Seele weh.“
Irritiert zeigt sich Langer-Weninger auch über den „Preiskampf“ im Handel sowie den zahlreichen Rabatt-Aktionen und 1+1-Gratis-Angeboten. Die Konsumenten würden dadurch jedes Gefühl dafür verlieren, was einen angemessenen Preis ausmacht.
Gemeinsam gegen Lebensmittelverschwendung & für Lebensmittel-Mehrwert
Um solche Szenen wie im Skandalvideo künftig zu vermeiden, braucht es nichts weniger als eine Trendwende. Dieses kollektive Umdenken einzuläuten und voranzutreiben hat sich Oberösterreichs neue Agrar-Landesrätin zum Ziel gesetzt. In Hannes Royer hat sie dafür neben den OÖ Bäuerinnen und der Landwirtschaftskammer einen starken Mitstreiter gefunden. Der Schladminger Bio-Bergbauer hat sich und seinem Verein „Land schafft Leben“ auf die Fahne geheftet, transparent über die österreichische Lebensmittelproduktion zu informieren und damit ein höheres Wert-Bewusstsein für die Produkte der heimischen Landwirtschaft zu schaffen. „Je mehr die Menschen über unsere Lebensmittel wissen, desto mehr Wert-Bewusstsein wird wieder geschaffen. Dann gehen sie auch wieder achtsamer mit Lebensmitteln um“, erklären Langer-Weninger und Royer unisono.
Auch Hannes Royer hat das Aufreger-Video mit den entsorgten Fleischbergen mehrmals fassungslos angesehen. Er erklärt betroffen: „Es steht außer Frage: Die Verschwendung unserer Lebensmittel entlang der gesamten Wertschöpfungskette muss reduziert werden. Den größten Hebel dafür besitzen die Konsumentinnen und Konsumenten. In den eigenen vier Wänden werfen wir sechsmal so viel weg wie Supermärkte und Großhandel, nämlich durchschnittlich 60 Kilogramm pro Person und Jahr. Wenn wir etwas gegen Lebensmittelverschwendung tun wollen, sollten wir zuallererst unser eigenes Konsumverhalten überdenken. Etwa durch richtige Lagerung, Wissen über die Haltbarkeit oder eine bessere Einkaufsplanung: Wir alle können wieder bewusster mit unseren wertvollen Lebensmitteln umgehen.“ Weitere Informationen hierzu sind auf der Website www.landschafftleben.at zu finden.
Dort wird auch der wichtige Unterschied zwischen Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) und Verbrauchsdatum erklärt. Letzteres gilt für leicht verderblich Lebensmittel wie beispielsweise das im Skandalvideo zu sehende Frischfleisch und ist im Sinne der Lebensmittelsicherheit unbedingt einzuhalten. Das Mindesthaltbarkeitsdatum hingegen betrifft die Qualität des Lebensmittels. Auch nach Überschreiten des angegeben Datums sind Lebensmittel oft noch bedenkenlos zu genießen (siehe Infografik auf der nächsten Seite).

Für Lebensmittelwissen ist es nie zu früh
Auch Infomaterial speziell für Schulkinder und Jugendliche hat „Land schafft Leben“ aufbereitet. „Der Umgang mit unseren Lebensmitteln kann und will gelernt werden – und wo könnte das besser funktionieren als in der Schule?“, erklärt Hannes Royer und verweist darauf, dass den Pädagogen die Land-schafft-Leben-Unterrichtsmaterialien online kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
Für Landesrätin Michaela Langer-Weninger ein weiterer Grund, die Zusammenarbeit mit dem Verein zu intensivieren: „Mir ist zwar wichtig generationsübergreifend, bei allen Bürgerinnen und Bürger Bewusstseinsbildung für regionale Lebensmittel und ihren Wert zu betreiben, auf die Kinder und damit die Konsumenten von morgen, möchte ich dennoch einen besonderen Fokus legen. Sie sollen mit dem Wissen heranwachsen: Unser Lebensmittel sind schlichtweg zu gut für die Tonne.“
Fünf goldene Regeln um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden:
1. Nie hungrig einkaufen gehen.
2. Immer Einkaufslisten schreiben
3. Einen Wochenplan für die täglichen Gerichte erstellen.
4. Genau darüber erkundigen, wie man bestimmte Lebensmittel lagert, damit sie länger frisch bleiben.
5. Sollte doch mal ein Brot zuhause hart oder ein Apfel schrumpelig werden, wirf die Lebensmittel nicht gleich weg, sondern erkundige dich darüber, was man daraus noch kochen kann.

Foto: Land OÖ/Füreder