Verlust von Privatsphäre – Kein „Bauernopfer“, das der Tierschutz rechtfertigt!
„Wie weit darf Tierschutz gehen? Für unsere Bäuerinnen und Bauern sehr weit, schließlich sind Oberösterreichs Betriebsführer Vorreiter in punkto Tierwohl und ökologischer Landwirtschaft. Das bedeutet aber nicht, dass es keine Grenzen gibt, besonders dann nicht wenn Menschen zu Schaden kommen. Und nichts anderes passiert, wenn Fremde in die privaten vier Wände von Bauern eindringen – ob nun in den Wirtschafts- oder Wohnbereich. Die Freiheit des Einzelnen, darf nur soweit gehen, wie sie jene des anderen nicht verletzt. Stalleinbrüche unter dem Vorwand von Tierschutz lassen sich folglich nicht mit Ethik oder gar Demokratie rechtfertigen. Eine strengere Verwaltungsstrafe für dieses Delikt ist meines Erachtens und auch nach Ansicht des Oö. Landtages nötig.“
Agrar-Landesrätin Michaela Langer-Weninger
„Was du nicht willst, dass man dir tu‘, das füg auch keinem anderen zu.“ Dieser eingängige und schlüssige Grundsatz ist im Volksmund weit verbreitet, steht in der Bibel geschrieben und gilt als „Goldene Regel“ der Ethik. Für radikale Tierschützer jedoch scheint er keine Bedeutung zu haben, auch wenn sie ihre (rechtlich teils bedenklichen) Aktionen – Stichwort Stalleinbrüche – unter dem Gesichtspunkt der Ethik zu rechtfertigen versuchen.
„Bei aller Liebe zum Tier, was die Aktivisten oft vergessen oder scheinbar als unwichtig erachten: Auf Bauernhöfen leben ganze Familien – Eltern mit ihren Kindern. Durch das unbefugte Betreten von Stallungen oder generell des Gehöfts, verletzen sie die Privatsphäre dieser Personen“, betont Michaela Langer-Weninger. Die Agrarlandesrätin führt weiter aus: „Ein Hof lässt sich nicht in Privat- und Geschäftsbereich unterteilen. Es ist die Besonderheit unserer Familienbetriebe, dass die Bewirtschafter dort leben, wo sie arbeiten. Privates verschmilzt mit Beruflichem. Bäuerin oder Bauer zu sein, ist nicht Beruf, sondern Berufung. Nun stelle man sich einmal vor, jemand dringt in das Vorzimmer des eigenen Heims ein und installiert dort heimlich Videokameras. Ein beklemmender Gedanke, nicht? Nichts anderes empfinden die Bäuerinnen und Bauern, wenn sie von Fremden überrascht oder ausspioniert werden.“
Tierschutz den Profis überlassen
Mit den Amtstierärzten gibt es bei den Bezirkshauptmannschaften ohnedies eigene Kontrollorgane, welche die Einhaltung der in Österreich geltenden Tierhaltungsstandards auf den landwirtschaftlichen Betrieben kontrollieren. Das geschieht stichprobenartig und in regelmäßigen Abständen. Amtstierärzte gehen auch dem Verdacht von etwaigen Tierschutz-Vergehen nach, womit ein eigenmächtiges Einschreiten von Tierschützern obsolet wird. Sie bräuchten nur die zuständige Behörde informieren. „Österreichs Rechtssystem sieht auch beim Thema Tierschutz einen funktionierenden Behördenweg vor. Diesen gilt es, wie überall sonst auch, zu beschreiten“, so Landesrätin Michaela Langer-Weninger.
Ebenso wenig außer Acht gelassen werden darf im Zusammenhang mit Stalleinbrüchen das Thema Biosicherheit. Darunter versteht man Maßnahmen, die Landwirte setzen und der Tiergesundheitsdienst (TGD) vorgibt, um das Einschleppungsrisiko von Krankheiten auf ein Minimum zu beschränken und die Übertragungen von Erregern zu vermeiden. Beispiele für solche Vorkehrungen sind das Tragen stallspezifischer Kleidung, der Einbau einer Hygieneschleuse, die Stiefeldesinfektion, das Führen eines Besucherbuchs, usw. Indem aber radikale Einzelpersonen unter Verletzung diese Sicherheitsmaßnahmen in die Ställe eindringen, setzen sie den Tierbestand einer unnötigen Infektionsgefahr aus. „Der vermeintliche Tierschützer, wird damit zum Gefährder eines ganzen Tierbestandes“, bringt es Landesrätin Michaela Langer-Weninger auf den Punkt.
Wenn das Gefühl von Sicherheit in den eigenen vier Wänden verloren geht
Spricht man mit von Stalleinbrüchen betroffenen Bauern schildern sie, dass sie sich noch lange nach derartigen Vorfällen in ihren eigenen vier Wänden beobachtet fühlten. Bei ungewohnten Geräuschen hätten sie immer wieder nervös über die Schulter geblickt, ob nicht eine Person in ihrem Stall herumschleicht. Auch die Kinder der Betroffenen werden von bedrückenden Gedanken und Unsicherheit geplagt. Nicht selten erkundigen sie sich wiederkehrend bei den Eltern, ob die Eindringlinge zurückkämen. Alles Folgen, die man auch von klassischem Hausfriedensbuch bzw. Einbruch kennt.
Unter diesen Straftatbestand fallen aber die wenigsten Stalleinbrüche. Denn Ställe sind, wie nun mal üblich und oft gar nicht anders möglich, in den meisten Fällen unversperrt. Ein Eindringen, ohne Gewaltanwendung oder Sachbeschädigung, ist damit ein Leichtes und folglich strafrechtlich nicht verfolgbar.
Bereits 2015 hat das Land Oberösterreich diese Gesetzeslücke durch die Verankerung eines Betretungsverbotes für Stallungen durch unbefugte, betriebsfremde Personen im Oö. Alm und Kulturflächengesetz (§ 13 leg cit) geschlossen. Die vorgesehene Verwaltungsstrafe von bis zu 1.000 Euro soll nun im Sinne des Präventiongedankens deutlich erhöht werden. „Stalleinbrüche sind kein Kavaliersdelikt. Indem die Strafdrohung um ein Fünffaches, auf bis zu 5.000 Euro erhöht wird, setzen wir dahingehend ein starkes und hoffentlich auch abschreckendes Zeichen“, so Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger.
Die Anpassung des gesetzlichen Strafrahmens für Stalleinbrüche wurde von OÖVP und FPÖ mittels eines Initiativantrags im zuständigen Ausschuss des Landtages eingebracht und angenommen. Bei der nächsten Landtagssitzung wird die Anpassung durch eine Sammelnovelle für den Bereich der Land- und Forstwirtschaft beschlossen.
Foto: BMLRT; Verwendung mit Quellenangabe